Auch die Flößerei auf dem Rhein war eine interessante Epoche. Als Floß bezeichnete man die Zusammensetzung vieler Baumstämme zu einem langen, rechteckigen, schwimmenden Gebilde, das durch Gelenke elastisch und steuerungsfähig gehalten wurde. Auf diese Weise war man in der Lage, große Mengen von Stämmen in einem Arbeitsgang zum Bestimmungsort zu schaffen.
Der eigentliche Lieferant des Holzes am Rhein war der Schwarzwald. So kam es, dass zu der Zeit, als alle Schiffe noch aus Holz gebaut wurden, die Flößerei talwärts bis nach Holland hinein auf dem Rhein betrieben wurde. Wir kennen die Flößerei bereits aus der Zeit der Römer und Wikinger. Die Rheinflößerei ist bereits um 900 erwähnt. Von den Nebenflüssen wurden überwiegend Weißtannen, Fichten, Kiefern und Eichen herangeflößt. Bei Mainz, Mannheim und Koblenz wurden sie zu großen Flößen zusammengebaut und zum Hauptziel, Dordrecht in Holland, geflößt. Daher erhielten die Flöße auch die Namen „Holländerfloß“.
Man stelle sich mal eine schwimmende Holzinsel von ungefähr 500 Meter Länge und 70 Meter Breite vor, in deren Mitte 10 bis 13 geräumige Hütten aus Brettern zusammengefügt, angebracht waren, worauf ein mittleres Dorf Platz haben konnte und die von 400 bis 500 Ruderknechten und Arbeitern bewohnt wurden. So kann man sich ungefähr einen Begriff von einem Floß machen, welches der majestätische Rhein auf seinem stolzen Rücken trug.
Eine Reise bis nach Holland dauerte etwa 8 bis 10 Tage. Drei bis vier Köche mit einigen Helfern hatten Tag und Nacht zu tun, um die hungrigen Mäuler zu füllen. Täglich wurde ein Ochse verzehrt, und zwei Metzger hatten tagsüber nichts anderes zu tun, als das Fleisch zuzubereiten. Im Stall standen stets 5 bis 7 Ochsen. Für die Reise wurden in der Provianthütte 50 000 Pfund Brot, 20 000 Pfund Fleisch, 12 bis 15 Zentner Butter, 10 Zentner Dörrfleisch sowie Hülsenfrüchte, Salz, Bier und Wein gestapelt.
Diese Riesenflöße umfassten etwa 12 500 m³ Holz. Hier war man auch vom Wasserstand abhängig. Das „Hauptstück“ hatte nämlich etwa 2 Meter Tiefgang. Der Wert dieses Holzes belief sich umgerechnet etwa auf 600 000,- DM. Der Verkauf eines solchen Floßes dauerte manchmal, je nach Nachfrage, über zwei Jahre.
Die Abfahrt eines solchen Floßes war mit sehr viel Umständen verbunden. Denn außer den vielen Ankernachen waren noch mehrere kleinere Nachen zum Geschwindfahren vorhanden.
Der Wahrschauer hatte einen besonderen Vertrauensposten. Er fuhr in einem Nachen mit zwei Ruderern dem Floß ungefähr eine Stunde voraus, um alle Schiffe und was sonst noch auf dem Wasser trieb, wahrzuschauen, das heißt zu warnen, dem ankommenden Floß aus dem Wege zu gehen, denn der Wucht eines solchen Kolosses war kein Fahrzeug gewachsen. Als Zeichen seines Amtes hatte der Wahrschauer an seinem Nachen eine Flagge mit 16 rot-weißen Feldern aufgesetzt. Viele der Ruderknechte, die eine Floßfahrt nach Holland planten, machten vorher ihr Testament. Sie nahmen „Abschied auf Leben und Tod“. So gefahrvoll soll eine solche Reise gewesen sein. An den gefährlichen Stromwindungen wie z.B. an der Loreley, ging manches Floß zu Bruch und viele Menschen ertranken in den Fluten.
Der Niedergang der Flößerei hatte mehrere Ursachen: Der Umgang Strahlschiffbauweise sorgte für immer geringeren Holzbedarf. Zudem war der Holzreichtum in Deutschlands Wäldern stark zurückgegangen. Eisenbahn und Lastenkähne hatten den Transport des Holzes übernommen. Ein Floß dieses Ausmaßes bedeutete, bei der zunehmenden Verkehrsdichte, ein enormes Hindernis und eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Rheinfahrt. Von den Anfängen der Dampfschifffahrt bis Ende der 30er Jahre wurden die Flöße kleiner und von Schleppern zum Niederrhein gezogen.